Deutschlands anfangs famos erfolgreiches Eishockey-Nationalteam muss bei dieser Weltmeisterschaft voller Überraschungen zunehmend um das Viertelfinale zittern. Mit dem knappen 1:2 (0:1, 1:0, 0:1) am Samstagabend in Riga gegen Titelverteidiger Finnland und der zweiten Vorrundenniederlage nacheinander gerät die Auswahl stärker unter Druck.
Gegen das Heimatland von Bundestrainer Toni Söderholm zeigte Deutschland zwar eine starke Willensleistung, es droht jetzt aber ein Vorrunden-Endspiel im abschließenden Gruppen-Duell am Dienstag mit Gastgeber Lettland um den Einzug in die K.o.-Runde. Am Montag will Deutschland voraussichtlich erstmals mit dem nachgereisten NHL-Stürmer Dominik Kahun zuvor gegen die Auswahl der USA bestehen.
DEB-Team rutscht nach Niederlage auf Platz vier ab
«Ich denke wir haben trotz der Niederlage ein gutes Spiel gemacht. Ich denke, dass wir uns einen Punkt verdient hätten», sagte Verteidiger Leon Gawanke bei Sport1 und kündigte an: «Wir wissen, die USA ist ein starker Gegner. Aber wir haben gezeigt, dass wir starke Gegner mit Leidenschaft schlagen können.» In der Tabelle der Gruppe B rutschte der WM-Sechste von 2019 vorerst hinter die zuvor siegreichen USA und Kasachen auf Platz vier ab, der gerade noch zum Einzug in die K.o.-Runde reichen würde. Nur ein Punkt liegen die Deutschen vor den Letten auf Rang fünf.
Ohne Top-Talent Lukas Reichel und mit einer erstmals im Turnierverlauf veränderten Aufstellung konnten die Deutschen die finnischen Gegentreffer von Anton Lundell (7. Minute) und Arttu Ruotsalainen (52.) nicht verhindern. Das Tor des langjährigen NHL-Verteidigers Korbinian Holzer (28.) genügte nicht für den erneuten Coup – und auch nicht für einen so wichtigen Punkt. Bei der zuvor letzten WM 2019, als sich die Finnen später zum Champion kürten, und 2018 hatte Deutschland überraschend gewonnen. Diesmal war der dreimalige Weltmeister zu stark.
Nach zwei Tagen Pause lieferte sich die Söderholm-Truppe mit dem Weltmeister ein schnelles und bis zum Schluss spannendes Spiel, in dem Berlins Torhüter Mathias Niederberger früh chancenlos war. Als sich Top-Verteidiger Moritz Seider die erste Strafzeit der Partie einhandelte, brauchten die Finnen nur acht Sekunden, um die Überzahl in eine Führung umzumünzen. Der Champion von 2019 hatte den besseren Start und war das gefährlichere Team. «Das Tempo ist schon vier Klassen schneller als normal», sagte WM-Debütant Andreas Eder bei Sport1 in der ersten Pause.
Söderholm bringt drei WM-Neulinge
Der 25-Jährige von den Straubing Tigers kam wie die weiteren WM-Neulinge Daniel Fischbuch und John-Jason Peterka erstmals bei diesem Turnier zum Einsatz. Söderholm hatte Wechsel angedeutet, um frischen Wind ins deutsche Spiel zu bringen, und beließ es nicht bei einer Veränderung aufgrund des Ausfalls von Reichel. Der 19 Jahre alte Stürmer musste nach dem Check gegen seinen Kopf vom 2:3 gegen Kasachstan ersetzt werden. Erstmals agierte Deutschland mit 13 anstelle von 12 Stürmern und mit sieben statt acht Verteidigern.
Die Finnen hatten mehr vom Spiel, der Außenseiter kam kaum zu Torabschlüssen. Die Söderholm-Truppe kämpfte aufopferungsvoll – der Ausgleich von Routinier Holzer fiel dann allerdings überraschend: Beim Schuss seines Verteidiger-Kollegen Holzer irritierte Kapitän Moritz Müller den finnischen Torhüter Jussi Olkinuora. «Dank Mo ist die Scheibe reingegangen», gab Holzer zu und forderte: «Wir müssen schauen, dass wir ruhig mit Geduld hinten rausspielen. Wir müssen schnell vom Kopf sein und schnell auf den Beinen.»
Das Remis vor dem Schlussdrittel ließ den deutschen Cracks alle Möglichkeiten. Anders als zu Beginn überstanden sie das zweite Unterzahlspiel im Schlussabschnitt ohne Gegentreffer, waren dann aber bei einem schnellen Gegenangriff geschlagen. Vor dem 1:2 hatten die Deutschen eigene zwei Minuten in Überzahl nicht genutzt.