Bei Eishockey-Bundestrainer Toni Söderholm wurden nach dem ersten WM-Rückschlag sogleich böse Erinnerungen wach.
Nach dem unerwarteten 2:3 (0:0, 2:1, 0:2) gegen Kasachstan fühlte sich Söderholm auf unschöne Art an sein WM-Debüt als Bundestrainer 2019 erinnert. Das lag nicht so sehr an der ersten Niederlagen im vierten Spiel in Riga, sondern an der Verletzung von Top-Talent Lukas Reichel.
«Wir reden über einen 19-jährigen Eishockeyspieler», echauffierte sich Söderholm angesichts eines nicht geahndeten Checks gegen den Kopf, der Reichel bereits im ersten Drittels aus dem Spiel nahm. «Ich werde da kein Risiko fahren», sagte Söderholm und schimpfte: «Es ist jetzt der dritte Check gegen den Kopf gegen unsere Spieler in vier Spielen. Es hilft uns nicht, dass ein Spieler im Nachhinein gesperrt wird.»
Pfiff im Spiel bleibt aus
Im Spiel war der Pfiff der Schiedsrichters ausgeblieben. Söderholm aber musste umstellen und muss nun womöglich in den nächsten Spielen – wenn Punkte für das Minimalziel Viertelfinale her müssen – gegen Finnland am Samstag (19.15 Uhr), am Montag gegen die USA (15.15 Uhr) und am Dienstag gegen Gastgeber Lettland (19.15 Uhr/alle Sport1) auf den als künftigen NHL-Stürmer geltenden Reichel verzichten.
«Das ist dasselbe, was uns 2019 mit unserem damals 19-Jährigen passiert ist», schimpfte Söderholm übel gelaunt weiter. In diesem Punkt irrte der Finne aber. Moritz Seider, der vor zwei Jahren gegen den damaligen WM-Gastgeber nach einem üblen Check für drei Spiele ausgefallen war, war damals erst 18 Jahre alt. Der Ausfall aber wog schwer. Nach vier Siegen zum Auftakt verlor das deutsche Team anschließend zwei der drei folgenden Vorrundenspiele und schließlich auch das Viertelfinale – wieder mit Seider – gegen Tschechien.
Führung noch aus der Hand gegeben
In diesem Jahr will Söderholm mit seinem Team mehr und da schmeckten ihm Niederlage und Verletzung überhaupt nicht. Mit einem Sieg gegen Kasachstan wäre der erneute Viertelfinal-Einzug bereits so gut wie perfekt gewesen. Nach Treffern von Tom Kühnhackl (30. Minute) und Markus Eisenschmid (35.), die das Spiel nach dem Rückstand durch Alexander Schin (27.) drehten, sah es auch gut aus. Doch im letzten Drittel ging die Leistungskurve nach unten. «Das letzte Drittel war allgemein nicht unser bestes. Wir müssen das Spiel aber insgesamt über 60 Minuten durchziehen», sagte Mannheims Eisenschmid.
Unmittelbar nach dem Beginn des Schlussabschnitts leistete sich Kapitän Moritz Müller ein folgenschweres Foul. Den folgenden Penalty verwandelte Roman Startschenko (41.), kurz vor dem Ende traf Pawel Akolzin (56.) dann zum nächsten Coup des Außenseiters, der zuvor bereits Gastgeber Lettland und Titelverteidiger Finnland im Penaltyschießen geschockt hatte.
«Müssen daraus lernen»
Nun muss das deutsche Team wieder zittern, weil es nicht gelang, den emotionalen ersten WM-Sieg gegen Kanada seit 25 Jahren keine 48 Stunden zuvor (3:1) zu veredeln. «Es ist ein langes Turnier, wir müssen daraus lernen», sagte Söderholm. «Die Zweikampfhärte mit der Scheibe ist auf jeden Fall ein Punkt.»
NHL-Hoffnungsträger Dominik Kahun, der nach dem Playoff-Aus seiner Edmonton Oilers seit Mittwoch in Riga weilt, kann erst zum Ende der Vorrunde – wahrscheinlich am Dienstag gegen Lettland – mitwirken. Aufgrund der Corona-Schutzbestimmungen müssen Nachrücker zunächst sechs Tage lang in Quarantäne, ehe sie spielen dürfen.
Kanada besiegt Norwegen
Indes hat Kanada hat mit dem ersten Turniersieg die Chance auf das Viertelfinale Riga gewahrt. Der 26-malige Weltmeister bezwang mit einiger Mühe Norwegen 4:2 (2:0, 1:2, 1:0). Adam Henrique von den Anaheim Ducks traf doppelt (11. Minute/51.), beim zweiten Mal gar in Unterzahl. Zudem waren Connor Brown von den Ottawa Senators schon nach 22 Sekunden und Andrew Mangiapane von den Calgary Flames (35.) erfolgreich.
Zwischenzeitlich sah es nach dem Ausgleich der Norweger zum 2:2 nach Treffern von Thomas Valkvae Olsen (30.) und Mats Rosseli Olsen (31.) kurz nach einer erneuten Überraschung aus. Um das Viertelfinale noch zu erreichen, müssen die Kanadier auch die noch ausstehenden Spiele gewinnen und auf Schützenhilfe hoffen.