Ein klarer Sieg zum Auftakt gegen die corona-geplagten Italiener ist Pflicht, auch der Hammer-Auftakt mit zwei Spielen binnen 20 Stunden kann die deutschen Eishockey-Cracks nicht von ihrem geplanten WM-Coup abbringen.
«Wir haben alle hohe Erwartungen und sind hungrig», bekräftigte Kapitän Moritz Müller am Donnerstag, obwohl erstmals seit 2015 Superstar Leon Draisaitl nicht dabei ist.
Dennoch ist die Auswahl des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) entschlossen, die besonderen Umstände der ungewöhnlichen Weltmeisterschaft in Riga zu nutzen. «Wir sind hier, um Eishockey-Spiele zu gewinnen. Wir wollen in jedem Spiel als Sieger vom Eis gehen», sagte Top-Verteidiger Moritz Seider vor dem ersten Spiel am Freitag gegen Außenseiter Italien (15.15 Uhr/Sport1). NHL-Stürmer Tobias Rieder von den Buffalo Sabres sagte: «Ich hoffe, dass wir da direkt in die Gänge kommen. Ich glaube, dass hier relativ viel drin ist für uns. Das vorläufige Ziel ist, das Viertelfinale zu erreichen.»
Um wirklich für eine WM-Überraschung zu sorgen, muss gleich ein deutlicher Sieg her. Auch der langjährige frühere NHL-Verteidiger Korbinian Holzer bezeichnete dies am Donnerstag als «Muss»: «Wir müssen von Anfang an Vollgas geben.» Dies gilt angesichts der Probleme der Azzurri umso mehr. Gleich 15 Corona-Fälle gab es im Vorfeld. Etliche Schlüsselspieler und Chefcoach Greg Ireland sind noch gar nicht in Lettland und hoffen, nach einer Genesung in den kommenden Tagen nachreisen zu können. Italien sah sich gar genötigt, einen gerade erst 16 Jahre alt gewordenen Torhüter nachzunominieren.
«Das ist sicherlich keine optimale Situation, gegen sie im ersten Spiel zu spielen», sagte Bundestrainer Toni Söderholm der Deutschen Presse-Agentur vor dem Auftakt. «Wir müssen uns aber auf das fokussieren, was wir beeinflussen können. Angst ist der falsche mentale Zustand, um Eishockey zu spielen.»
Bedenken haben seine Spieler anscheinend aber ohnehin nicht. «Das spielt für uns keine Rolle. Wir erwarten ein ganz normales Eishockey-Spiel», sagte Routinier Holzer. Auch der gerade erst zum besten Verteidiger der schwedischen Liga gekürte Seider kann die Umstände einer WM in der Blase während der Pandemie ausblenden. «Ich fühle mich super-sicher hier», sagte der 20 Jahre alte künftige NHL-Verteidiger, für den der Auftakt nicht mehr als «ein guter Test» wird – ein Spiel, das «souverän nach Hause gebracht» werden soll.
Schon 20 Stunden später folgt am Samstagmittag lettischer Zeit gegen Norwegen (11.15 Uhr MESZ/Sport1) die nächste – höhere – Hürde. «Es ist schon außergewöhnlich», sagte Söderholm zu dem knüppelharten Auftakt mit zwei Spielen in so kurzer Zeit. Zumal das deutsche Team im Hinblick auf das Minimalziel Viertelfinale zweimal punkten muss, um nicht am Pfingstmontag im dritten Spiel gegen den 26-maligen Weltmeister Kanada schon unter Druck zu stehen. «Das ist natürlich sehr ungewohnt, die Spiele liegen so nah beieinander. Es ist schon sehr wichtig, so einen Turnierauftakt nicht zu verpfändeln», sagte Torhüter Mathias Niederberger vom deutschen Meister Eisbären Berlin, der als Nummer eins ins Turnier starten dürfte.
Angesichts des Programms dürfte nach dem Auftakt gegen Italien Rotation angesagt sein. «In dem Sinne ist das schon ein Vorteil», sagte Söderholm zur in diesem Jahr geltenden Ausnahmeregel, 28 statt sonst 25 Spieler in den Kader berufen zu dürfen. Dies gibt die Möglichkeit, in nah beieinander liegenden Partien mehr durchwechseln zu können. Überhaupt sieht Söderholm die spezielle WM fast schon als historische Chance für Deutschland an, einen Coup wie etwa sein Heimatland Finnland bei der bislang letzten WM 2019 landen zu können.
Damals war das Suomi-Team überraschend Weltmeister geworden. «Den Gedanken habe ich schon länger», bestätige Söderholm angesichts dessen, dass viele Top-Nationen nicht mit ihren bestmöglichen Teams anreisen. «In dieser ungewissen Zeit und in der Bubble-WM liegen viele Möglichkeiten für uns.»