Als Comeback-Künstler der Liga fühlen sich die Eisbären Berlin jetzt reif für den Jubiläums- und Rekordtitel. Zwar trennt auch den Außenseiter Grizzlys Wolfsburg weiterhin nur ein Sieg vom größten Erfolg seiner Club-Geschichte.
Die Eisbären gehen jedoch deutlich gestärkt in den entscheidenden Showdown am Freitagabend in Berlin um die 100. deutsche Eishockey-Meisterschaft (19.30 Uhr/ MagentaSport und Sport1). Nach ihrem 4:1 in Spiel zwei haben die ohnehin stärker besetzten Berliner nun auch den psychologischen Vorteil in diesem Playoff-Finale auf ihrer Seite und können sich in der eigenen Arena zum achten Mal zum Titelträger der Deutschen Eishockey Liga (DEL) krönen. Es wäre eine alleinige Bestmarke.
«Im nächsten Spiel holen wir uns den Titel», kündigte Top-Talent Lukas Reichel vor dem letzten Spiel dieser ungewöhnlichen Saison an. Am Freitag, nach dem dritten Playoff-Duell, wird in jedem Fall eine Mannschaft den funkelnden Silberpokal in den Händen halten. Eine weitere Verlängerung der Finalserie gibt es nicht.
Nach der recht einseitigen Angelegenheit in Wolfsburg spricht nun wieder vieles für die Berliner. Dass sie qualitativ und quantitativ den besser besetzten Kader haben, war schon vorher klar. Aber nur drei Tage nach ihrer 2:3-Auftaktniederlage nach Verlängerung wirkten sie am Mittwochabend frischer und vor allem nervenstärker.
Mit dem Rücken zur Wand fühlen sich die Eisbären offenbar besonders wohl. Die Erfahrungen dieser kurzen Playoffs haben sie jedenfalls gestärkt. Auch gegen Iserlohn und Ingolstadt verlor das beste Vorrundenteam des Nordens das erste Spiel und war nur eine Niederlage vom K.o. entfernt. Immer wieder befreite sich Berlin eindrucksvoll aus dieser Drucksituation. Klappt das auch ein drittes Mal?
«Es ist noch lange nicht vorbei», sagte zwar Eisbären-Trainer Serge Aubin. Auch er beherrscht natürlich das übliche Geplänkel und stellte selbstbewusst klar: «Ich habe keinen Zweifel, dass wir bereit sein werden. Wir wissen alle, was auf dem Spiel steht.» Der Kanadier hatte seinen Spielern nach dem ersten Spiel mit auf den Weg gegeben, dass sie nicht etwa eine Niederlage von einer großen Enttäuschung entfernt seien, sondern «zwei Spiele davon, die Meisterschaft zu gewinnen.» Das zeigte Wirkung, das Selbstvertrauen ist groß. Dieses Selbstverständnis haben die Berliner den Niedersachsen voraus.
Als die Berliner mit sieben Titeln zwischen 2005 und 2013 die DEL dominierten, war Aubin wie der komplette Kader, außer Kapitän Frank Hördler, noch nicht dabei. Auch in den titellosen Jahren ist der Anspruch der Berliner stets hoch geblieben, die Ergebnisse stimmten aber nicht. Drei Jahre nach dem verlorenen Finale gegen München soll nun Meisterschaft Nummer acht folgen. Die Berliner würden sich damit zum alleinigen Rekordchampion der DEL krönen, nachdem die Adler Mannheim 2019 mit dem siebten Titel aufgeschlossen hatten. «Wenn wir die Mannschaft sind, die es mehr will und mehr läuft, bin ich mir sicher, haben wir gute Chancen», sagte Nationalstürmer Marcel Noebels, der gerade zum besten Spieler der DEL-Saison gekürt wurde.
Mit dem Druck des Gewinnen-Müssens kamen die Berliner jedenfalls deutlich besser klar als die Grizzlys mit dem Wissen, bereits «eine Pranke am Pokal» zu haben (Wolfsburger Allgemeine Zeitung) und nur noch einen Sieg vom ersten Meistertitel der Club-Geschichte entfernt zu sein. «Die Möglichkeit, Meister zu werden, war vielleicht schwierig für uns», räumte Trainer Pat Cortina ein. Die Wolfsburger, die zuletzt häufig Nervenstärke bewiesen hatten, waren nervös.
Als Mutmacher können die Grizzlys darauf verweisen, dass sie alle drei Auftritte in Berlin in dieser Saison gewonnen haben. «Die Nerven gehören auch ein bisschen dazu. Aber ich weiß, dass wir es am Freitag bringen werden», sagte der Olympia-Zweite Gerrit Fauser. 2011, 2016 und 2017 hatten die Wolfsburger die Finalserien verloren. Fauser war zweimal dabei. Noch einmal möchte der Stürmer das nicht erleben.