Äußerlich sah Frank Hördler im Moment des achten Meister-Triumphs aus wie bei den anderen sieben Titeln in den vergangenen 16 Jahren auch.
Mit dem Meisterkäppi der Eisbären Berlin auf dem Kopf und dicker Zigarre im Mund genoss der 36 Jahre alte Kapitän die erste Eishockey-Meisterschaft nach acht Jahren Wartezeit. Doch innerlich fühlte sich der Titel für den Olympia-Silbergewinner von 2018, der schon so ziemlich alles in seiner langen Karriere erlebt hat, anders an. «Das ist schon sehr besonders», sagte Hördler nach dem 2:1 (1:1, 1:0, 0:0) im entscheidenden dritten Playoff-Finale gegen die Grizzlys Wolfsburg am Freitag.
«Dieser Titel wird mir auch besonders in Erinnerung bleiben», sagte der Eisbären-Kapitän, der als einziger Spieler alle acht Titel der Berliner in der DEL seit 2005 miterlebte. Beim ersten Triumph als gerade 20 Jahre alte Verteidiger war er bereits ein vollwertiges Teammitglied. Damals im vollbesetzten alten Wellblechpalast war die Meisterparty noch wild und grenzenlos. Diesmal waren die Spieler mit ihren Emotionen am Ende einer seltsamen Corona-Spielzeit in der Deutschen Eishockey Liga mehr oder weniger alleine. Feiern mit den Fans ging nicht, die Party fand im kleinen Kreis statt. «Auf jeden Fall mit Abstand», sagte Stürmer Marcel Noebels. Konzepte für öffentliche Meister-Partys waren von den Behörden abgelehnt worden.
Das Ambiente war aber nicht der einzige Grund für den besonderen Titel. Auch die historische Bedeutung, nun als 100. Eishockey-Meister in Deutschland gelistet so werden, dürfte Hördler ziemlich schnuppe gewesen sein. Die Meisterschaft von 2021 war aber die erste seit zwei Jahren, die wieder vergeben worden war und sie wird für immer mit der Coronavirus-Pandemie verbunden sein. Vor einem Jahr hatte die Liga die Saison vor dem Playoff-Start ohne Meister-Kür abgebrochen. Es kostete die 14 Clubs enorme Anstrengungen, ihre Sportart anschließend überhaupt auf Erstliga-Niveau fortzuführen.
Spiele ohne Zuschauer galten selbst für von Investoren bezuschusste Clubs – wie auch die Eisbären – lange als undenkbar. Zu hoch ist die Abhängigkeit von den Spieltagseinnahmen. Weil sich einfach keine Perspektive für Fans in den Arenen einstellte, wurde der Saisonstart zweimal verschoben. Eine Woche vor Weihnachten kam dieser vor allem durch den großen Gehaltsverzicht der Spieler zustande. «Das war eine ganz aufregende Saison», sagte Noebels. «Wir müssen allen danken, die das möglich gemacht haben. Das war wirklich nicht einfach.»
Wegen der Kürze der Zeit wurde die Liga in zwei Gruppen unterteilt, fast täglich fanden nun Spiele statt und die Playoffs wurden im Best-of-three-Modus durchgezogen. Anstatt sonst vier Siegen waren nur noch zwei Erfolge zum Weiterkommen und zum Titel notwendig. Das war ein Vorteil für Außenseiter, zu denen auch die Eisbären vor der Saison zählten. Unter anderem Pavel Gross, der Trainer des im Halbfinale an Wolfsburg gescheiterten Top-Favoriten Adler Mannheim, pestete gegen das veränderte Saison-Format, das auch sein Club freilich mitgetragen hatte, um die Saison überhaupt zu ermöglichen.
Entschuldigen müssen sich die Eisbären denn auch bei niemanden. Die Berliner waren schon in der Vorrunde stark und gewannen die Nord-Gruppe souverän. In den Playoffs verdienten sie sich den Erfolg, durch starkes Teamwork und weil sie in Mathias Niederberger vor der Saison den besten deutschen Torhüter von der Düsseldorfer EG geholt hatten. Der Sohn des früheren Top-Verteidigers Andreas Niederberger war im entscheidenden Moment in Top-Form. Vor allem aber bewiesen die Eisbären Willensstärke. In allen drei Playoff-Serien standen sie nach Auftakt-Niederlagen vor dem Aus. Alle drei Serien gewannen sie noch.
«Keiner hat irgendwie den Kopf hängen gelassen», urteilte Hördler und lobte dafür Meistercoach Serge Aubin. «Es spricht ja für sich, was hier gerade passiert. Serge kann ich nur ein großes Lob aussprechen.»
Der Franko-Kanadier verlängerte erst kürzlich seinen Vertrag um zwei Jahre, muss aber sein erfolgreiches Team wohl wieder verändern. Talent Lukas Reichel zieht es nach Nordamerika und bei den entscheidenden Importspielern Kris Foucault, Simon Després, Matthew White und Zachary Boychuk galten die bisherigen Arbeitspapiere nur bis zum Ende dieser Spielzeit.