Einen kleinen Wink für seine mögliche Rolle im deutschen Eishockey hat Olympia-Silbergewinner Patrick Reimer auf seiner Abschiedstour schon wahrgenommen.
Der DEL-Rekordtorjäger, dessen Karriere am Freitag enden könnte, kann sich gut vorstellen, eine Aufgabe beim Deutschen Eishockey-Bund (DEB) zu übernehmen. Mit dem Ziel, dass das Nationalteam tatsächlich weitere internationale Medaillen gewinnt.
«Mir hat die Nationalmannschaft sehr viel gegeben. Ich durfte beim bis dato größten Erfolg dabei sein. Und warum nicht dazu beitragen, dass es nicht der einzige Erfolg in diesem Maße bleibt?», sagt der Olympia-Finalist von 2018 und Stürmer der Nürnberg Ice Tigers.
Reimers: «Ich kann zufrieden abtreten»
Ein wenig hätte der Verband seine Fühler auch schon ausgestreckt, erzählt Reimer und lacht. Zumindest interpretiert er die Szene so, als ihm DEB-Vizepräsident Hauke Hasselbring, Geschäftsführer der Fischtown Pinguins aus Bremerhaven, zugeraunt habe, dass es schön wäre, wenn er «uns» erhalten bleibe. «Das kann man jetzt auslegen, wie man will», sagt der 40-Jährige. «Aber ich glaube, es gibt auf jeden Fall Möglichkeiten, Gespräche zu führen.»
Denn bald hat er Zeit für ein neues Leben. Am Sonntag hatte Nürnberg das letzte Hauptrundenspiel der Deutschen Eishockey Liga (DEL) in Bremerhaven im Penaltyschießen noch gewonnen. Das erneute Duell mit dem Nordclub am Dienstagabend in der ersten Playoff-Runde ging dann aber 1:3 verloren. Eine Heim-Niederlage am Freitag (19.30 Uhr/MagentaSport) – und Reimers Ausnahmekarriere wäre vorbei. «Egal, was passiert – ich kann zufrieden abtreten. Ich gehe dann beglückt in die Eishockey-Rente», sagt Reimer. «Ich bin zu Hundert Prozent von der Entscheidung überzeugt.»
Es ist eine Entscheidung auch für die Familie. Er wolle erst ein wenig Zeit mit seinem dreijährigen Sohn und der ein Jahr alten Tochter genießen, ehe er die Zukunftsfrage klärt. «Ich sehe mich nicht in der Trainerrolle», berichtet der Allgäuer. Er möchte eher helfen, Teams zusammenzustellen oder beraten. Erfahrungen hat er genug.
Im Dezember 2003 bestritt Reimer für die Düsseldorf EG sein erstes DEL-Spiel. Als DEL-Rekordtorjäger und ewiger Topscorer wird er nun abtreten. Sein Abschied werde im gesamten deutschen Eishockey «eine riesengroße Lücke» hinterlassen, sagt Nürnbergs Sportdirektor Stefan Ustorf. «Patrick Reimer ist ohne Frage ein Gesicht des deutschen Eishockeys der letzten Jahrzehnte», schwärmt DEL-Geschäftsführer Gernot Tripcke.
Reimers nicht nur auf dem Eis ein Führungsspieler
Dreimal wurde der Torjäger zum wertvollsten DEL-Spieler gekürt. Trotz all seiner Klasse kommt er bescheiden rüber, ein Lautsprecher ist er nicht. 2020 gründete er dennoch die Spielervereinigung SVE mit, um in der Corona-Krise Einfluss nehmen zu können. Nicht nur in Nürnberg, sondern auch im Nationalteam war er jahrelanger Führungsspieler.
Die sensationelle Silbermedaille von Pyeongchang empfindet der Torjäger auch fünf Jahre später noch als «Wahnsinn» und «eigentlich unvorstellbar». Im Finale hatte er eine unglückliche Rolle. Als Deutschland die Chance auf Gold verpasste und den Russen im Endspiel das entscheidende Tor gelang, saß ausgerechnet der Routinier auf der Strafbank. «Es war einfach unglücklich. Aber glücklicherweise hat mich das nie belastet», sagt Reimer.
Der Coup habe ihm ein wenig den Druck genommen. Zweimal war er Vizemeister mit der DEG, Meister wurde er aber nie. «Ich will nicht sagen, es war ein Makel, aber neben vielen individuellen Auszeichnungen hat der große Mannschaftserfolg gefehlt. Da hat Pyeongchang sehr geholfen. Es war ein gigantisches Ereignis», erinnert er sich.
Abtreten, so antwortet er unverzüglich, würde er nun natürlich am liebsten doch noch als Meister. «Das ist der große Traum. Etwas auf den letzten Metern zu erreichen, was einem 19 Jahre verwehrt geblieben ist, wäre der Hammer.» Zwei Siege nacheinander sind Pflicht, um ins Playoff-Viertelfinale einzuziehen. Ansonsten wird Reimers 1069. DEL-Spiel am Freitag sein letztes.