Am Samstagabend kennt Franz Reindl nur ein Ziel. Für den dann ehemaligen Präsidenten des Deutschen Eishockey-Bundes geht es nach der Mitgliederversammlung des DEB so schnell wie möglich von München zurück ins heimische Garmisch-Partenkirchen.
«Zur Familie. Dort will ich einen schönen, entspannten Abend verbringen. Endlich», sagte der 67-Jährige der Deutschen Presse-Agentur. Am Samstag ist Schluss – zumindest im DEB. Nach mehr als 30 Jahren als Trainer und Funktionär, davon die vergangenen acht als Präsident, verabschiedet sich Reindl auf nationaler Ebene in den Ruhestand. Nur im Weltverband IIHF geht es im Exekutivorgan noch weiter. «Es reicht», befand der laut DEB-Statistik 181-malige Nationalspieler, der 1976 Teil des Nationalteams war, das bei Olympia Bronze gewann.
Seit 2014 DEB-Präsident
In Reindl verlässt einer der größten Strippenzieher im deutschen Sport seinen Verband. Er war zuletzt lange das Gesicht des deutschen Eishockeys, eng verbunden mit dem sportlichen Aufschwung der Sportart. Als Reindl 2014 überraschend als Gegenentwurf zum damaligen, unglücklich agierenden Präsidenten Uwe Harnos kandidierte und letztendlich den Machtkampf gewann, lag der DEB wirtschaftlich und sportlich darnieder. Skeptiker wandten damals ein, dass Reindl zuvor schon mehr als 20 Jahre Teil des DEB gewesen – unter anderem als Sportdirektor, Geschäftsführer, Generalsekretär – und somit auch mitverantwortlich für den katastrophalen Zustand seinerzeit war.
Doch die klare Idee, die Reindl für die Umstrukturierung des DEB hatte, wirkte. Er einte die Eishockeyfamilie, holte Proficlubs und die Deutsche Eishockey Liga wieder mit ins Boot, generierte dadurch mehr Einnahmen und sicherte sich deren Unterstützung. «Das hat er hervorragend geschafft. Seitdem haben wir wieder vertrauensvoll zusammengearbeitet. So, wie es ja auch sein soll», sagte DEL-Geschäftsführer Gernot Tripcke.
Neue Strukturen
Auch sportlich wurden Strukturen professionalisiert. Personalentscheidungen, wie die Berufung des deutschen NHL-Rekordspielers Marco Sturm kurz nach dem Ende dessen Karriere zum Bundestrainer 2015, saßen. Sturm bereitete zusammen mit dem von Reindl geholten, später aber wieder geschassten Sportdirektor Stefan Schaidnagel den Weg für aktuelle Erfolge.
Noch unter Sturm holte Deutschland mit der olympischen Silbermedaille 2018 den größten deutschen Eishockey-Erfolg überhaupt. Sturms Nachfolger Toni Söderholm – ein weiterer Personalcoup – führt das Nationalteam 2021 erstmals seit 2010 wieder in ein WM-Halbfinale. Dazu spielen in der NHL mehrere Spieler – nicht nur Leon Draisaitl – auf Weltklasseniveau. Abgesehen vom schlechten Olympia-Abschneiden in Peking ist die sportliche Bilanz der Reindl-Ära herausragend.
Es gibt jedoch auch ein aber – über das Reindl selbst nicht mehr sprechen mag und das der DEB am Samstag endgültig hinter sich lassen will. Unschön war schon das Ausscheiden Schaidnagels, dem zu forsches Auftreten nach innen wie außen angelastet wurde. Nachfolger wurde einfachheitshalber der alte Reindl-Wegbegleiter Christian Künast.
Monatelang gab es zudem Querelen im Verband, einzelne Landesverbände schossen gegen Reindl und hatten Fragen zu Geldströmen und der Bezahlung des DEB-Präsidenten im Ehrenamt in dessen Funktion als Geschäftsführer einer DEB-Tochtergesellschaft. Dabei war das Konstrukt seit Jahren bekannt und von den DEB-Mitgliedern abgesegnet.
«Das hat er nicht verdient», urteilte DEL-Chef Tripcke. Beobachter vermuten persönliche Probleme zwischen den Protagonisten, öffentlich darüber reden mag aber niemand. Ein vom DEB in Auftrag gegebenes Gutachten entlastete Reindl schließlich und pünktlich zur Mitgliederversammlung lenkte auch Chefkritiker Hendrik Ansink vom Hessischen Eishockeyverband ein. Damit, dass Reindl sich nun wie auch seine bisherigen Vize-Präsidenten Daniel Hopp und Berthold Wipfler aus Mannheim nicht mehr zur Wahl stellen, gibt sich Ansink zufrieden.
Wer wird Reindl-Nachfolger?
Künftig dürfte der Aufsichtsratschef der DEL2, Peter Merten, den DEB als Präsident führen. Mit ihm bewerben sich Hauke Hasselbrink, Geschäftsführer der Bremerhavener Fischtown Pinguins aus der DEL, der frühere Nationalspieler Andreas Niederberger und der bisherige Vize-Präsident Marc Hindelang. Niederberger soll für den Sport, Hasselbrink für Finanzen und Hindelang für die Ligen zuständig sein.
«Ich glaube, dass der DEB damit hervorragend aufgestellt ist», sagte Reindl. Auch von der DEL gibt es Zustimmung. «Wir hatten schon sehr gute Gespräche und kennen uns untereinander natürlich bestens», sagte Tripcke. Dem Vernehmen nach soll eine Strukturreform in Angriff genommen werden, die Reindl in seiner Amtszeit nicht schaffte: Das Präsidium könnte künftig als Art Aufsichtsrat fungieren und eine hauptamtliche Geschäftsführung die Geschicke leiten.