Ein lang gezogenes «Oooooh» kam aus Toni Söderholms (45) Mund. Der Nachfolger von Trainer-Ikone Don Jackson (67) beim EHC Red Bull München öffnete gerade die Tür zum Spielertrakt im Olympia-Eisstadion, als er eine Vielzahl von wartenden Journalisten sah. Sie waren auch wegen des Neuen da.
Kurz vor der Saisoneröffnung in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) ist traditionell Open Locker Room, also offener Umkleideraum, wo der Branchenprimus Zugang zu Spielern und Trainerstab in gelöster Atmosphäre gewährt. Das, was der hinter der Tür hervorlugende Söderholm sah, amüsierte ihn jedenfalls.
Saisonstart gegen die DEG
Die Münchner haben vor dem DEL-Eröffnungsspiel am Donnerstag (19.30 Uhr) in eigener Halle gegen die Düsseldorfer EG keinen Grund für schlechte Laune. Das Aufwärmprogramm in der Champions League läuft mit dem neuen Coach an der Seitenlinie bislang erfolgreich. Zehn Punkte aus vier Spielen geben dem viermaligen deutschen Meister Sicherheit.
Orientierung hat der Verein ohnehin: Es geht um den Erfolg. «Er hat die ganze DNA von Red Bull München in eine Richtung gepusht, dass man weiß, was man bekommt und die Spieler wissen, was sie bekommen», lobte Söderholm seinen Vorgänger Jackson. Man werde zwar an «einigen Stellen» schrauben. «Wir haben aber nicht viele Diskussionen gehabt, ob oder wie wir gewinnen wollen. Wenn du hier reinläufst, dann weißt du, du hast immer eine Möglichkeit zu gewinnen.»
Mit Jackson ist die erfolgreichste Trainer-Karriere in der DEL nach dem Gewinn der vierten Münchner Meisterschaft zu Ende gegangen. Der US-Amerikaner wurde als Coach in der deutschen Eliteklasse insgesamt neunmal Meister, er absolvierte sagenhafte 1072 DEL-Spiele an der Seitenlinie und führte die Münchner 2019 als ersten deutschen Verein ins Finale der Champions League. Puh. «Das Erbe von Don Jackson ist sehr groß. Aber es geht nicht um Einzelpersonen. Er hat – genau wie ich – in einem großen Team aus Staff und Kader zusammengearbeitet», erläuterte Söderholm.
Der Finne hat als Nachfolger von Marco Sturm fast vier Jahre erfolgreich als Bundestrainer gearbeitet. Im vergangenen November verließ er den Deutschen Eishockey-Bund jedoch Hals über Kopf, um beim SC Bern anzuheuern. Beim Leuchtturm im europäischen Eishockey scheiterte Söderholm nach nur fünf Monaten.
Was für den EHC viel wichtiger ist: Der Mann aus Kauniainen westlich von Helsinki hat Red-Bull-DNA. In der Saison 2015/16 trug Söderholm noch als Spieler das Trikot der Münchner und feierte unter Jackson die erste Meisterschaft der Clubgeschichte. Anschließend wechselte er in den Trainerstab des Teams, war Entwicklungscoach bei Red Bull und Trainer des Münchner Kooperationspartners SC Riessersee.
«Ich habe Riesenrespekt vor Don Jackson als Mensch und Trainer und vor dem, was er geleistet hat», sagte Söderholm. «Er hat mir damals – wie auch andere – geholfen, als ich als Trainer angefangen habe. Ich habe gelernt, was im Trainergeschäft essenziell ist.»
Modernisierungsschub durch neuen Coach
Die Münchner haben unter Jackson, der künftig in der Trainer-Entwicklung bei Red Bull arbeitet, in der eigenen Zone eher Mann gegen Mann verteidigt. Jetzt haben sie das System hin zur Zone umgestellt. «Beide haben ein brutales Eishockey-Fachwissen, beide sind relativ ruhig, beide sind hervorragende Trainer», sagte Verteidiger Konrad Abeltshauser. Mit Söderholm sei ein «neuer Input» da, «man erweitert seinen Horizont.»
Die Münchner haben durch ihren neuen Coach einen ersten Modernisierungsschub erfahren. «Es ist ein Generationsunterschied, was Technik und Medien betrifft. Don war eher von der alten Schule, er hat natürlich Videoanalysen gemacht, beim Toni sind aber viele Sachen etwas moderner. Das ist auch ganz normal, weil sich der Sport weiterentwickelt», erzählte Kapitän Patrick Hager der Deutschen Presse-Agentur. «Jetzt kommen ein paar modernere Elemente mit rein.» Hager nannte beispielsweise die Trainingssteuerung abseits vom Eis.
«Den Unterschied merkt man, alles andere ist bei beiden super professionell. Menschlich kann man über Don sowieso nichts sagen, sonst würdest du jahrelang nicht diese Erfolge feiern», sagte Hager. «Und menschlich mache ich mir beim Toni auch keine Sorgen.»
Keine Bedenken hat auch Stürmer Maximilian Kastner, der mit Söderholm noch selbst zusammengespielt hat. «Klar, er muss jetzt als Trainer bisschen seriöser rüberkommen, aber seine lockeren, lustigen Sprüche hat er nicht verlernt», beteuerte Kastner. «Er ist ein super Trainer und findet die richtigen Worte in den Spielpausen.»