Dass ihn seine Teamkollegen im Jubel über seinen bemerkenswerten Rekord nur mit Wasser bespritzten, war Patrick Reimer ganz recht.
Als der neue Topscorer der Deutschen Eishockey Liga (DEL) nach einem der größten Momente seiner Karriere in die Kabine kam, waren seine Nürnberger Mitspieler kurz außer Rand und Band und machten ihn zur Feier des Abends erst einmal nass. «Es ist ein toller Meilenstein», sagte Reimer der Deutschen Presse-Agentur und lachte: «Ich freue mich darüber, weil es spiegelt, dass ich über viele Jahre gute Leistungen gebracht habe.»
Mit seinen nun 798 Scorerpunkten, der Summe aus Toren und Vorlagen, schrieb der 38-Jährige beim 3:2 in Krefeld DEL-Geschichte. Der frühere Nationalstürmer, schon zuvor bester DEL-Torjäger, löste den Düsseldorfer Daniel Kreutzer ab. Die Kabinenparty sei jedoch anschließend «nicht allzu groß» ausgefallen. «Es wurde viel mit Wasser gefeiert», sagte Reimer am Tag danach und war froh, dass nicht mit Bier gespritzt wurde: «Ich muss auch wieder in die Klamotte rein. Da ist es nicht ganz so angenehm, wenn es klebt.»
Nie Meister geworden
Mehrfach war der Stürmer bereits Topscorer und bester Torschütze der Liga, zudem wurde er 2016 und 2017 als bester DEL-Spieler ausgezeichnet. Deutscher Meister allerdings wurde er – wie der schon vor vier Jahren zurückgetretene Daniel Kreutzer – nie.
Aufmerksamkeit scheint dem Olympia-Zweiten von 2018 eher unangenehm zu sein. Jetzt, wo der Rekord geschafft sei, könne man sich doch wieder auf andere Themen konzentrieren. Schon am Freitag steht das nächste Heimspiel gegen Schwenningen an, inklusive einer Ehrung für Reimer. «Am Ende des Tages dürfen sich andere mit mir freuen. Da freue ich mich dann drüber. Mehr ist es dann aber auch nicht», sagte Reimer.
Bei den Krefeld Pinguinen hatte der Kapitän seine Nürnberger Ice Tigers in der 8. Minute in Führung gebracht und die Bestmarke von Kreutzer eingestellt. In der 55. Minute leistete er die Vorarbeit zum vorentscheidenden Überzahl-Treffer von Gregor MacLeod zum 3:1. «Reimi ist ein eher ruhiger, aber ein sehr ehrgeiziger Typ. Jeder, der den Reimi kennt, wusste, dass er den Rekord knacken wird», übermittelte Ex-Bundestrainer Marco Sturm, inzwischen Assistenzcoach in der NHL.
Olympia-Silber
Unter Sturm hatte Reimer mit dem Nationalteam bei den Olympischen Spielen 2018 sensationell Silber gewonnen. Der Routinier öffnete mit seinem 4:3-Siegtreffer im Viertelfinale in der Verlängerung gegen Schweden den Weg zu einer Medaille. In Erinnerung bleibt auch, wie Reimer 2011 mit seinem Tor zum 2:0 zum WM-Sieg gegen Russland beitrug, damals noch als Spieler der Düsseldorfer EG.
Mitte Oktober hatte die DEG den gebürtigen Mindelheimer via Facebook witzelnd gebeten, doch gnädig zu sein und Kreutzer den Rekord zu lassen. Scherzhaft boten sie ihm dafür eine goldene Autogrammkarte von Kreutzer oder einen schwarzen Kapuzenpulli «Reimer ist der (Zweit-)Beste» an. Reimer versprach Freibier – zum Mitfeiern. «Ich werde alles versuchen, am Dienstag, wenn sie zum Auswärtsspiel zu Gast sind, die 100 Liter schon bereit zu haben, und dann dürfen sie damit anstellen, was sie wollen», sagte er schmunzelnd.
Aus dem Trubel um seine Leistung wird er nicht so schnell herauskommen. Am 3. Dezember bestreitet Reimer, sofern nichts dazwischenkommt, in Köln sein 1000. DEL-Spiel und steigt in einen elitären Club auf. «Auch das ist eine Wahnsinnszahl», meinte er. Genug vom Eishockey hat er noch nicht: «Wenn die Leistungen stimmen, wird man sich vielleicht noch auf ein Jahr einigen können.»