Angesichts der immer größeren Herausforderungen in der ohnehin schon schwierigen WM-Vorbereitung verblüfft die Begeisterung von Eishockey-Bundestrainer Toni Söderholm ein wenig.
Der 43 Jahre alte Finne genießt es trotz allem, mit der Auswahl des Deutschen Eishockey Bundes inmitten der Coronavirus-Pandemie auf die für alle ungewohnte Weltmeisterschaft in Riga (21. Mai bis 6. Juni) hinzuarbeiten. «Das war großartig. Sehr intensiv», sagte Söderholm der Deutschen Presse-Agentur zu Beginn der zweiten Vorbereitungswoche in Nürnberg zu seiner Rückkehr an die Bande.
Anderthalb Jahre lang hatte Söderholm kein Länderspiel mehr erlebt. Nach dem Deutschland Cup 2019 war 2020 die WM in der Schweiz samt Vorbereitungsspielen coronabedingt ausgefallen. Im November beim Deutschland Cup hatte es Söderholm dann selbst erwischt. Wegen einer Covid-19-Erkrankung konnte er nur vom Krankenbett aus zuschauen. In der vergangenen Woche bei den ersten WM-Tests in der Slowakei mit einer noch recht unerfahrenen Auswahl angesichts der aktuell noch laufenden DEL-Playoffs war es dann endlich wieder soweit.
«Wir sind von null auf hundert gegangen. Das hat wirklich Riesen-Spaß gemacht», sagte Söderholm trotz der knappen Niederlagen (3:4 nach Penaltyschießen/1:2). Am Donnerstag (18.00 Uhr/MagentaSport und Sport1) und am Samstag (13.00 Uhr/MagentaSport) geht es in Nürnberg jeweils gegen Tschechien weiter. Neben den Routiniers Moritz Müller (Kölner Haie) und Ex-NHL-Verteidiger Korbinian Holzer (Automobilist Jekaterinburg) sind auch drei Spieler vom EHC Red Bull München nach dem überraschend frühen Playoff-Aus in der Deutschen Eishockey Liga dabei. Nur drei. Denn in Yasin Ehliz, Frank Mauer, Yannic Seidenberg und Daryl Boyle fehlen vier Olympia-Silbermedaillengewinner von 2018.
Anscheinend fällt es aktuell ohne Zuschauer in den Hallen, mit ständigen Corona-Tests und peniblen Vorschriften zu den Team-Blasen vor und während der WM nicht allen so leicht, sich für das Turnier zu begeistern. «Bei den Spielern hat man das Gefühl, dass nach einem Ausscheiden aus den Playoffs die Luft etwas mehr raus ist als sonst», meinte Söderholm vielsagend. Denn das genannte Quartett wird nicht mehr dazustoßen. Laut Söderholm «aus unterschiedlichen Gründen».
Es werden nicht die einzigen wichtigen Spieler sein, die in Riga nicht dabei sind. In David Wolf (Mannheim) und Patrick Hager (München) fehlen weitere Silber-Gewinner von Pyeongchang verletzt. Möglich, dass noch mehr absagen. «Auch von anderen Trainern hört man, dass es ein spezielles Jahr ist. Es ist anstrengender», sagte Söderholm. «Die mentale Belastung der Spieler hat ja schon vor einem Jahr begonnen.» Damals wurde die Saison coronabedingt abgebrochen. Monatelang war unklar, wann wieder gespielt werden würde.
Was die Spieler nach dem Ende der verkürzten und im Format veränderten DEL-Saison vor der WM erwartet, umriss DEB-Sportdirektor Christian Künast: Tägliche Schnell- und PCR-Tests, Mundschutzpflicht, Essen im Hotel nur auf den Zimmern. «Da wird es einen geregelten Ablauf geben, wann sie ihr Essen holen können, um so wenig Kontakt wie möglich zu haben. Das ist ganz wichtig, und wir versuchen alles zu tun, was in unserer Möglichkeit ist», sagte Künast.
Auch auf Verstärkung aus Nordamerika darf der Deutsche Eishockey Bund diesmal eher nicht zählen. Wegen coronabedingter Spielausfälle verlängert sich die NHL-Vorrunde bis kurz vor den WM-Start. Spieler, die nachrücken, müssen aber in Einzel- und eine anschließende Team-Quarantäne. «Am siebten Tag dürfte der Spieler in den Wettbewerb eingreifen», sagte Künast. Ob ein Nachrücken von Profis aus Nordamerika so noch Sinn macht?
«An der Zielsetzung ändert sich nichts», stellte Söderholm trotz allem klar. Das deutsche WM-Minimalziel ist mit dem Viertelfinale unter Söderholm quasi zementiert. «Unsere Aufgabe ist, einfach die beste Mannschaft zu finden.» Nichts einfacher als das.