Er ist wieder zurück in Riga. An dem Ort, an dem Tom Kühnhackl eines der wichtigsten Tore überhaupt für den Deutschen Eishockey-Bund geschossen hat, nimmt der zweifache Stanley-Cup-Champion erstmals an einer WM teil.
Im zarten Alter von 29 Jahren wird der Spross von DEB-Legende Erich Kühnhackl, wenn alles normal läuft, am Freitag zum Auftakt gegen Außenseiter Italien (15.15 Uhr/Sport1) sein erst sechstes Länderspiel bestreiten. Dort, wo er vor gut viereinhalb Jahren die olympische Silber-Sensation von 2018 erst möglich gemacht hatte.
«Jetzt wird es Zeit, dass er seine Belohnung dafür kriegt», sagte Bundestrainer Toni Söderholm über seinen prominentesten WM-Debütanten, der angesichts des Fehlens von NHL-Topstar Leon Draisaitl im Kader eine der Galionsfiguren im deutschen Team sein soll. Auch DEB-Präsident Franz Reindl ist fast ergriffen davon, dass der Sohn seines einstigen Mitspielers Erich Kühnhackl endlich eine WM für Deutschland spielt. «Der Tom ist ein Hero, ist ja klar. Der hat uns in Lettland die Tür nach Pyeongchang geöffnet. So viele waren ihm dankbar», sagte Reindl vor dem WM-Start.
Und Kühnhackl selbst war voller Vorfreude, dass er am Dienstag zumindest im Training schon wieder das Eis betreten durfte, auf dem er in der Olympia-Qualifikation 2016 das entscheidende 3:2-Siegtor gegen Lettland erzielt hatte. «Da haben wir sehr gute Erinnerungen dran. Da haben wir natürlich eine sehr breite Brust, wenn wir da wieder antreten», sagte der 29 Jahre alte Stürmer.
Im September 2016 war er wenige Monate nach seinem ersten von zwei Stanley-Cup-Triumphen mit den Pittsburgh Penguins Teil des in der Olympia-Qualifikation erfolgreichen deutschen Teams, das als das qualitativ beste der vergangenen Jahrzehnte galt und mit lauter NHL-Größen bestückt war. Seine bislang einzigen Länderspiele absolvierte er damals. Vorher und nachher war der Angreifer wegen seiner Erfolge in Nordamerika nicht verfügbar. «Für mich war es unglücklich, weil wir in den Playoffs immer weit gekommen sind», sagte Kühnhackl. Olympia 2018 verpasste er zudem wie alle NHL-Spieler wegen der fehlenden Freigabe der Teambesitzer aus Nordamerika.
Dass es nun endlich klappt mit der Nationalmannschaft hat weniger positive Gründe. Hinter dem 29-Jährigen liegt ein schwieriges Jahr. Im August verletzte er sich noch im Trikot der New York Islanders in den NHL-Playoffs schwer an der Schulter. Im September starb seine Mutter Sylvia. Mit den Flügen war jeweils auch Quarantäne verbunden, was die Reha erschwerte. Zur neuen Saison reichte es nur zu einem Vertrag in der unterklassigen AHL bei den Bridgeport Sound Tigers.
In der Pandemie wurden die Divisionen streng getrennt, Bridgeport spielte in einer Dreier-Gruppe. «Wir haben zwölfmal gegen die eine und zwölfmal gegen die andere Mannschaft gespielt – dann war die Saison vorbei, weil es ja keine Playoffs gab.» Ernüchternd. «Aber die letzten 15 Spiele haben wir als Mannschaft sehr gut gespielt und für mich persönlich ist es auch besser gelaufen.» Kühnhackl lief als stellvertretender Kapitän auf und kam auf eine gute persönliche Bilanz. In Riga soll er nun ebenfalls als Führungsspieler ran.
Top-Talente im Team wie Moritz Seider (20), Lukas Reichel (19) oder John-Jason Peterka (19) schauen zu Kühnhackl auf. «Natürlich sind wir happy, dass der Tom dabei ist. Er ist eine Verstärkung fürs Team», sagte Seider und auch Söderholm war begeistert, als Kühnhackl ihm früh signalisierte, die WM unbedingt spielen zu wollen. «Er ist ein sehr, sehr positiver Junge», lobte der Bundestrainer: «Tom kann gegen die besten Spieler von jeder Mannschaft spielen.»